von und mit Einhart Klucke

Kluckes GrenzenWährend die EU langsam den Überblick über ihre Grenzen verliert, hat die SPD ihre Grenzwerte längst unterschritten. Angela Merkel hat nach der Öffnung der Grenze „rübergemacht” und Klaus Zumwinkel jenseits der Liechtensteiner Grenze die Post abgehen lassen. Nur Klucke läßt sich nicht beirren, auch wenn ihm immer wieder mal   zugerufen wurde: „Geh doch rüber!”. Angekommen in seinen persönlichen Grenzen von 2009, läßt er sich nichts mehr vormachen und macht sich auch selbst nichts mehr vor. Stattdessen lotet er die absurden Grenzbereiche von Politik und Alltag aus – und ist dabei immer unterwegs im Niemandsland zwischen Dichtung und Wahrheit.

Im vierten Teil seiner Lebenstrilogie zieht Einhart Klucke Bilanz:
Er steckt die Grenzen ab, an die er oft gestoßen ist, die er aber mindestens ebenso oft übertreten hat. Dabei beobachtet er amüsiert, wie Politik und Wirtschaft versuchen, im Angesicht der Finanzkrise die Grenzen des Wachstums notorisch zu ignorieren. Garniert wird das Ganze mit  grenzwertigen Sangeskünsten und grenzenlosem Optimismus....

Regie: Frederic Hormuth; Musik: Andreas Rathgeber

Premiere:
13. Februar 2009, 20 Uhr im Theaterhaus TIG 7


Presse

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Morgenmagazin
12. Februar 2009

An der Grenze

KABARETT: Einhart Klucke feiert Premiere

>Mannheim. "Ich kenne meine Grenzen": Im vierten Teil seiner Lebenstrilogie zieht Kabarettist Einhart Klucke Bilanz, lotet Grenzen aus, an die er oft gestoßen ist und die er noch öfter übertreten hat. Am Freitag, 13. Februar, feiert er mit seinem aktuellen Programm im Theaterhaus TiG 7 Premiere. Darin müssen die hohen Rösser aus Politik und Wirtschaft so einiges wegstecken. Wie Till Eulenspiegel hält Klucke dem alltäglichen Wahnsinn den Spiegel vor und bringt dabei die Fassade der Ernsthaftigkeit zum Einsturz.

Einhart Klucke ist Jahrgang 1947. Er war Lehrer, später Clown und schließlich Gewerkschaftssekretär. Deshalb mache er jetzt Kabarett. Das nennt man eine, wie er selbst von sich sagt, geradlinige, konsequente Karriere, oder? In "Ich kenne meine Grenzen" beobachtet Klucke amüsiert, wie Politik und Wirtschaft angesichts der Finanzkrise versuchen, die Grenzen des Wachstums zu ignorieren. Garniert wird das Ganze mit grenzwertigen Sangeskünsten und grenzenlosem Optimismus. cat


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12. Februar 2009

Die Bruchstücke meines Lebens

Interview: Einhart Klucke hat schon einiges gemacht in seinem Leben, er war Lehrer und Torwart, Gewerkschaftsfunktionär und Kabarettist. Beim Kabarett ist er geblieben, im Mannheimer Theaterhaus TiG7 hat morgen sein neues Programm mit dem Titel „Ich kenne meine Grenzen” Premiere. Ein Gespräch über Selbstüberschätzung und andere Lebenspannen.

Herr Klucke, Sie betiteln Ihr neues Programm „Ich kenne meine Grenzen”. Wollen Sie etwa Ihrem Publikum alle Ihre Schwächen verraten?

Ich spreche immer nur von mir und meinen Erfahrungen und Schwächen in der Absicht, den Leuten klar zu machen, dass man gefährliche Grenzsituationen bewältigen kann. Da bin ich voll auf der Rolle: Ich bin nämlich eine echte Rampensau. Jedenfalls habe ich in meinem Leben gelernt, dass man sich mit einem Bekenntnis zu den eigenen Grenzen besser aus einem Dilemma herauswursteln kann als durch den Versuch, dies zu verheimlichen.

Das Programm ist demnach eine Therapie in eigener Sache? In welche Grenzsituationen sind Sie schon hinein geschlittert?

Ich hatte früher einmal Alkoholprobleme. Auf der Straße bin ich nicht herum gelungert. Ich habe auch meine Arbeit bei IG Medien ordentlich verrichtet. Ich vertraute mich meiner Frau Ute, Freunden, einer Selbsthilfegruppe und später auch einem Gesprächstherapeuten an. Bald hatte ich die Plage los. Wollen Sie noch mehr wissen?

Klar. Weiter bitte!

Sie sind ganz schön neugierig. Also. Ich kaufte mir mal einen noblen Lancia und pumpte mir das Geld bei meiner Bank. Nach drei Jahren verreckte das Getriebe. Dann musste ich die Karre verschrotten und noch drei Jahre lang die Raten abbezahlen. Das war saublöd. Mit diesem Lancia hatte ich armer Sack meine Grenzen überschritten. Die Wirtschaftsbosse und Banker sollten sich ihre Selbstüberschätzungen auch mal durch ihre Hirne gehen lassen.

Da waren Sie nicht allein in Punkto pumpen und nicht zahlen können. Gibt's noch Schlimmeres?

Ja. Ich war einmal in frühen Jahren Torwart in einer Fußballmannschaft. Man setzte mich immer in den letzten 15 Minuten ein. Weil ich in der Viertelstunde alle Bälle hielt, wurde ich dann für ganze 90 Minuten aufgestellt. Und was geschah? Ich musste bereits beim ersten Spiel sechs Dinger einstecken. Da merkte ich, dass ich der Verantwortung, 90 Minuten im Tor zu stehen, nicht gewachsen war und gab den Torwart auf. Noch etwas: Ich studierte ja Deutsch und Englisch und wurde Lehrer. Nicht lange jedoch und ich gab auch da auf. Mir wurde meine Inkompetenz als Pauker bewusst und ich flüchtete nach Köln. Die Kollegen waren glücklich, als ich abhaute.

Sie versprachen, dass Sie sich in Ihrem Programm auch mit politischen Vorgängen beschäftigen. Was hat denn die Möchtegerne-Parvenü-Karre und der Torwart-Versager mit Politik zu schaffen?

Ich versuche ja, einen Spagat zwischen Privatleuten und Politikern zu machen. Ich konnte als Torhüter nur in den letzten Minuten gut sein. Sobald ich das ganze Spiel über im Tor bibbern musste, wurde ich nervös, konnte mich nicht entscheiden, ob ich hechten oder stehen bleiben sollte und schwuppdiwupp pfiff der Ball an mir vorbei.

Ich verstehe. Aber wer könnte nun in der Politik der Torhüter sein, der sich nicht entscheiden kann?

Ist es nicht auffällig, dass Angela Merkel oft zögert und erst im letzten Viertel der Verhandlungen entschieden eingreift? Sie hat eine Riesen Verantwortung. Sie scheint aber ebenso viel Mores vor großer Verantwortung zu haben, wie ich sie mal hatte. Sie sollte sich zu ihren Grenzen bekennen und die Konsequenzen ziehen. Das wäre besser und vielleicht sogar kreativer als den Leuten Kraft und Saft vorzugaukeln.

Sie sind ein Scherzkeks. Welcher Politiker hat sich jemals zu seiner Ratlosigkeit bekannt?

Kaum einer und das ist ja das Übel. Wenn ein Politiker in unserer augenblicklichen Finanzkrise trotz besseren Wissens den Bürgern garantiert, dass ihre Spareinlagen sicher seien, ist das eine unmoralische rhetorische Grenzüberschreitung.

Wie strukturieren Sie eigentlich Ihr Programm?

Es besteht aus Anekdoten. Drei habe ich bereits verraten. Etwa 15 kommen noch dazu. Die Anekdoten sind Bruchstücke meines Lebens.

>Wie fühlen Sie sich als geborener Frankfurter eigentlich in Mannheim?

Die Quadrate-Atmosphäre finde ich sehr schön. Die Kunsthalle habe ich gemocht bis der Lauter kam und Guggenheim-Museum spielen wollte. Die angeblich in ganz Deutschland beneidete Kultur-Kapitale Mannheim neigt dazu, ihre Bedeutung zu überschätzen. Man beabsichtigt sogar, mit Hamburg konkurrieren zu wollen. Da lach ich mir einen Ast. Man sollte mal die Mannheimer Gewerbesteuer-Einkünfte mit den doch wesentlich dickeren Hamburgs vergleichen. Hier beklagen die Hauptverantwortlichen des Nationaltheaters den Rückgang der Besucherzahlen. Kein Wunder, wenn man in einer Stadt 15 Festivals pro Jahr veranstaltet. Die schnappen sich doch gegenseitig die Besucher weg. Das ist doch ziemlich kurzsichtig.

Das Interview führte Gerd Kowa.

Er hat seine Grenzen bereits erfahren, viele Politiker und Wirtschaftsbosse noch nicht: Kabarettist Einhart Klucke. FOTO:KUNZEr hat seine Grenzen bereits erfahren, viele Politiker und Wirtschaftsbosse noch nicht: Kabarettist Einhart Klucke. FOTO:KUNZ 

Zur Person:
 1947 in Frankfurt geboren, studierte Klucke nach dem Abitur Germanistik und Anglistik und unterrichtete kurzfristig als Schullehrer in Niedersachsen. Von 1972 bis 1978 war er Taxifahrer in Hamburg. Seit 1989 lebt Klucke in Mannheim und arbeitete bei Verdi, ehemals IG Medien. Seit der Jahrtausendwende widmet sich Klucke in Zusammenarbeit mit dem Kabarettkollegen und Regisseur Frederic Hormuth ganz und gar dem Kabarett. Erfolgreich waren seine Programme "Kluckes kleines Glück" (2003), "Langsam reicht" (2004), "Apo/Opa" (2006) und "Mannheim macht mich manchmal müde" (2007). (emu)


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17. Februar 2009

„Wer jetzt keine Aktien hat, der wünscht sich keine mehr”

Einhart Kluckes neues Kabarettprogramm „Ich kenne meine Grenzen“ hat im Mannheimer Theaterhaus TiG7 Premiere

VON GERD KOWA
Der Mannheimer Kabarettist Einhart Klucke stellte im Mannheimer Theaterhaus TiG7 sein neues Programm „Ich kenne meine Grenzen” vor. Die Anekdoten-Sammlung über Selbstüberschätzungen als Lehrer, Schauspieler und Fussballtorhüter sind zum Brüllen komisch. Klucke ist im Frühherbst seines Lebens lustig und weise geworden und sehr bescheiden. Und so ist auch sein Programm: Vergnüglich, voller Wortwitz, mit netten Seitenhieben auf sich selbst und Personen öffentlicher Wichtigkeit.

Mit roten Halbschuhen an den großen Füssen tänzelt Klucke etwas elefantös ins Bühnenzimmer. Es ist früh am Abend und Frau Klucke aushäusig. Einen Tanzkurs habe sie ihm geschenkt, kräht Klucke. Nur noch vier Stunden habe er Zeit, den Kurs zu stornieren. Ein Eilpostbote bringt ihm fünf vor zwölf mitten in der Nacht endlich eine von ihm bestellte Halsmanschette. Nun könne er, sagt er seufzend, eine Verletzung an der Wirbelsäule vortäuschen und den Tanzkurs absagen.
 
kennt seine Grenzen: Einhart KluckeMusste seine Grenzen erfahren, kommt jetzt aber gut damit klar: Kabarettist Einhart Klucke in Aktion. Foto: Klaus Tröster

So enden der Abend und das Programm. Die Zeit der Hochspannung vor der Erlösung nützt Klucke zum Plaudern. Diese Fiktion erfand Kluckes Regisseur und Kabarettkollege Frederic Hormuth. Nun sei er, glaubt Klucke, in seinem Rentnerherbst nicht etwa gestrandet sondern nur gelandet und von seiner Hybris geheilt. „Ich fühle mich sehr gut in meinen Grenzen”, teilte er seinen Zaungästen mit, „ich habe mir nichts mehr zu beweisen”. Klucke hat jedenfalls nicht den Ehrgeiz, mit einem Richling oder Jonas, Schramm oder Priol konkurrieren zu wollen.

Sein Programm ist so etwas wie ein Eintopf, eine Melange aus kindlicher Freude am Bläseln auf einer Plastik-Mini-Flöte, dem Bedienen eines simpel vorprogrammierten Mini- E-Pianos, am einfältigen Zupfen zweier Gitarrensaiten und an griffigen Wortspielen. Klucke ist ein Meister der Kommunikation, ja, man könnte sagen ein wiederauferstandener Blumepeter in der Mannemer Kabarett- Bütt.

Der kluge Klucke hat Ohren und Augen immer auf Empfang. Sein Programm gleicht einem wuseligen Gedanken-Potpourri oder einem Musikstück in C-Dur ohne Vorzeichen mit einem Basisthema, einem so genannten Ostinato, das da heißt: Ich-Ich- Ich. Seine Gedanken riskieren jedoch Seitensprünge zu verwandten politischen Tonarten: Von Klucke zu Merkel, Schäuble oder Münte und wieder zurück zur Tonika-Klucke in C-Dur. Das sind meistenteils die fröhlichen Tonarten über dem Abgrund der augenblicklichen Finanzkrise.

Klucke & Hormuth arbeiten mit einem musikalisch-literarischen Leitmotiv. Der Regisseur vertonte Rainer Maria Rilkes Gedicht „Herbsttag”+ und Klucke parodierte einige Verse. Klucke sang diese Rilke-Intermezzi so verzückt wie eine Henne in der Mauser. Aus Rilkes Vers „Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr” wird „Wer jetzt keine Aktien hat, der wünscht sich keine mehr”. Und aus „Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben” wird „Wer jetzt nicht reich ist, wird es lange bleiben, wird vergebens betteln, um sich Geld zu leihen”. Klucke ist dennoch optimistisch. Der Absturz beim Bungee Banking sei nicht weiter bedenklich, der Staat werde die Abstürzer schon wieder hochziehen.

Seit seiner Kurz-Karriere als Deutsch- und Englischlehrer in Hamburg leide er an einer Papierallergie, erzählt Klucke. Seine Zeitungslektüre habe sich deshalb erheblich eingeschränkt. In seinen Träumen habe er damals immer wieder Verkehrsmeldungen gehört. „Achtung. Achtung. Auf der Autobahn A7 kommt ihnen eine Klassenarbeit entgegen. Fahren Sie bitte auf der rechten Spur, bis die Störung behoben ist”, soll diese böse Stimme gesagt haben. Klucke ist der Meinung, dass sich die städtischen Büroangestellten den armen Bürgern zuliebe auch mal eine Papierallergie anlachen sollten.